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Impfpflicht – Auswirkungen auf den Arbeitsplatz?
Dr Katharina Körber-Risak
Feb 9, 2022
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min

UPDATE (Stand 9. Februar 2022)

Seit heute ist nun auch die (erste) COVID-19-Impfpflichtverordnung des Gesundheitsministers in Kraft. Diese basiert auf § 3 Abs 3, 6 und 7 sowie § 4 Abs 3 und 4 des COVID-19-Impfpflichtgesetzes und führt somit insbesondere zu einer Konkretisierung im Hinblick auf Ausnahmegründe, die Festlegung der anerkannten Impfstoffe und der Impfintervalle sowie die konkrete Ausgestaltung der Impfserien.

Die Verordnung war im Rahmen der Genehmigung im Hauptausschuss des Nationalrats bereits dort heftiger Kritik ausgesetzt. So sei die Verordnung etwa unverständlich und schwer exekutierbar. Doch nicht nur von politischer Seite wurde die Verordnung kritisiert. Auch die Ärztekammer hat bereits Zweifel an der Umsetzung in der Praxis geäußert. Aufgrund der unklaren Formulierung, welche Spitalsambulanzen konkret Impfbefreiungen ausstellen dürfen, befürchtet die Ärztekammer vor allem einen Ansturm vieler Ungeimpften auf die Ambulanzen.

Weiter abzuwarten bleiben jedoch beispielsweise das begleitende, verfassungsrechtliche und epidemiologische Monitoring durch eine beim Bundeskanzleramt eingerichtete Kommission oder die Festlegung der Erinnerungs- und Impfstichtage, die eine umfassende Kontrolle der Impfpflicht durch einen automatisierten Datenabgleich in Phase 3 erst möglich machen werden.

* * * *

Jetzt ist es also so weit, das Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19 (COVID-19-Impfpflichtgesetz – COVID-19-IG) soll am 3. Februar 2022 auch im Bundesrat beschlossen werden und wird aller Voraussicht nach Anfang Februar in Kraft treten.

Selten hat ein Gesetz im Vorfeld so polarisiert, noch nie wurden mehr Stellungnahmen in der Begutachtungsphase abgegeben. Insbesondere Ersteres scheint jedoch ein „pandemisches Problem“ zu sein, denn nicht nur im Zuge der Impfpflichtgesetzwerdung, sondern auch an vielen anderen Schauplätzen, an denen Geimpfte und Ungeimpfte zusammentreffen, gehen die Wogen hoch. So auch am Arbeitsplatz, wo insbesonders für Arbeitgeber:innen in den meisten Fällen aber keine ideologische Einstellung im Vordergrund steht, sondern schlichtweg die Gesundheit aller Mitarbeiter:innen, das wirtschaftliche Überleben eines jeden Unternehmens und gleichzeitig natürlich auch die Sicherung der Arbeitsplätze trotz der anhaltendend schweren wirtschaftlichen Lage in vielen Branchen.

Doch welche Auswirkungen bringt das Impfpflichtgesetz konkret für den Arbeitsplatz? Gibt es überhaupt welche?

Dies und noch einige weiterführende Gedanken haben wir uns im Detail angesehen und in der Folge für Sie zusammengefasst:

Das Impfpflichtgesetz in a nutshell:

  • Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und einen Wohnsitz in Österreich haben, sind verpflichtet, sich einer Schutzimpfung gegen COVID-19 zu unterziehen (Impfpflicht).
  • Ausgenommen hiervon sind
  • Schwangere;
  • Personen, die nicht ohne Gefahr für Leben oder Gesundheit geimpft werden können;
  • Genesene Personen für 180 Tage ab dem Tag der Probennahme des positiven PCR-Tests;
  • Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.
  • Umsetzung in 3 Phasen
  • Ab Inkrafttreten bis 15. März 2022 à Übergangsphase (Nichteinhaltung wird nicht sanktioniert)
  • März bis zum 1. Impfstichtag à Einhaltung der Impfpflicht wird durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes kontrolliert; Nichteinhaltungen werden angezeigt (Impfstichtage sind durch die Bundesregierung per Verordnung festzulegen)
  • Ab dem 1. Impfstichtag à Ab dieser Phase wird die Einhaltung der COVID-19-Impfpflicht durch einen Datenabgleich am Impfstichtag – aus dem Melderegister, dem zentralen Impfregister und dem Epidemiologischen Meldesystem – ermittelt; eine Nichteinhaltung der COVID-19-Impfpflicht wird durch die Bezirksverwaltungsbehörde geahndet
  • Die Bundesregierung (bzw der Gesundheitsminister) ist ermächtigt, per Verordnung im Abstand von jeweils 6 Monaten sog „Erinnerungsstichtage“ und „Impfstichtage“ (frühestens einen Monat nach dem jeweiligen Erinnerungsstichtag) festzulegen.
  • Gegenüber Personen, die an den Impfstichtagen ungeimpft sind, wird ein – grundsätzlich abgekürztes – Strafverfahren eingeleitet. Pro Kalenderjahr sind jedoch höchstens 4 Strafverfügungen möglich.
  • Die Impfpflicht darf aber jedenfalls nicht durch physischen Zwang durchgesetzt werden.
  • Strafen:
  • Im abgekürzten Verwaltungsstrafverfahren sind Geldstrafen von bis zu EUR 600,- möglich; die Einspruchsfrist beträgt 14 Tage.
  • Im ordentlichen Verfahren beträgt das Strafausmaß bis zu EUR 3.600,-. Zu beachten ist hierbei, dass in dem aufgrund eines begründeten Einspruchs ergehenden Straferkenntnis auch eine höhere Strafe verhängt werden darf, als in der Impfstrafverfügung.
  • Eine Umwandlung der Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe findet jedoch selbst im Falle der Uneinbringlichkeit nicht statt.

Wie bereits im Vorgängerentwurf des Impfpflichtgesetzes, sind auch im nun beschlossenen Gesetzestext keinerlei Vorgaben im Zusammenhang mit dem Umgang der COVID-19-Impfpflicht im Arbeitsverhältnis enthalten. Dies hat zwar beispielsweise zur Folge, dass die Arbeitgeberin auch nicht zur Kontrolle der Impfpflicht verpflichtet ist, birgt jedoch eine Vielzahl an Risiken und Unklarheiten mit der Arbeitgeber:innen in Zukunft (weiterhin) konfrontiert sein werden.

Impfpflicht und Arbeitsplatz:

Am Arbeitsplatz gilt also weiterhin die jeweilige, auf dem COVID-19-Maßnahmengesetz basierende Maßnahmenverordnung (seit 31. Jänner 2022 die 4. COVID-19-Maßnahmenverordnung), somit grundsätzlich 3G am Arbeitsplatz. Überdies gilt eine FFP2-Maskenpflicht, sofern ein physischer Kontakt zu anderen Personen nicht ausgeschlossen und das Infektionsrisiko nicht durch sonstige geeignete Schutzmaßnahmen minimiert werden kann (zB Trenn- oder Plexiglaswände).

In diesem Zusammenhang unverändert bleibt somit auch die datenschutzrechtliche Problemlage. Die Arbeitgeberin ist berechtigt bzw verpflichtet, für Kontrollen des 3G-Status Name und Geburtsdatum der Arbeitnehmer:innen sowie Gültigkeit(sdauer) und QR-Code des Nachweises zu ermitteln, gemäß § 1 Abs 5d COVID-19-MG und § 2 Abs 5 4. COVID-19-MV weiterhin explizit unzulässig bleibt jedoch die entsprechende Aufbewahrung dieser Daten.

Die Interpretationen und Ansichten zu dieser Regelung und somit zur Zulässigkeit der Speicherung des 3G-Status gehen weiterhin auseinander. So vertritt die Datenschutzbehörde in ihrer Stellungnahme vom 29. Oktober 2021 eine strenge Auslegung, nach der eine Speicherung der 3G-Daten jedenfalls unzulässig ist. Auch einer Einwilligung sieht sie kritisch entgegen, da aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses der Arbeitnehmer:innen „im Regelfall nicht von einer freiwilligen Einwilligung auszugehen ist“.[1] Eine Einwilligung muss aus unserer Sicht aber bereits basierend auf Art 9 Abs 2 lit a DSGVO mit Vorsicht betrachtet werden, da die Regelung in § 1 Abs 5d COVID-19-MG dem Wortlaut nach darauf hindeutet, dass das Verbot der Speicherung auch durch die Einwilligung der Arbeitnehmer:innen nicht aufgehoben werden kann.

Hingegen hält das Arbeitsministerium eine personenbezogene Speicherung der Gültigkeitsdauer für zulässig, um eine „effektive und effiziente Kontrolle zu ermöglichen“ und verweist in diesem Zusammenhang außerdem auf den Grundsatz der Datenminimierung in der DSGVO. Die Daten dürfen somit – wenig überraschend – nur zum Zweck der 3G-Kontrolle verarbeitet werden.[2] Die Wirtschaftskammer hat sich dieser Ansicht soweit ersichtlich wortgleich angeschlossen.[3]

In der Praxis führen diese unterschiedlichen Meinungen jedoch zu enormen Hürden für Arbeitgeber:innen und auch Arbeitnehmer:innen. Eine explizite Speichermöglichkeit des konkreten (Impf-)Status – wie dies etwa in Deutschland klar gesetzlich geregelt ist – wäre daher wünschenswert. Dies ist aber soweit bekannt auch im Zusammenhang mit Inkrafttreten des Impfpflichtgesetzes nicht geplant. Um dies auch in den mittlerweile zahllosen (Schutz-)Maßnahmenverordnungen zu verankern, wäre hier außerdem eine Änderung im, den Maßnahmen zugrundeliegenden, COVID-19-Maßnahmengesetz notwendig. Auch hierfür gibt es derzeit soweit ersichtlich keinerlei Indizien.

Zu bedenken ist im Arbeitsverhältnis außerdem, ob und inwiefern das Impfpflichtgesetz bzw die dadurch vorgenommen gesundheitspolitische Wertung auf Krankenstände Einfluss haben kann. Insbesondere drängt sich hier die Frage auf, ob eine schwer an COVID-19 erkrankte, ungeimpfte Person in Zukunft überhaupt Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheit hat oder ob diese aufgrund der fehlenden Impfung und somit uU grob fahrlässigen Verursachung des Krankenstandes vor dem Hintergrund des COVID-19-Impfpflichtgesetzes eben nicht gebührt.

Auch der Entgeltersatzanspruch der Arbeitgeberin gemäß § 32 Epidemiegesetz 1950 greift nur, wenn die betroffenen Arbeitnehmer:innen auch tatsächlich einen Entgeltfortzahlungsanspruch gegen die Arbeitgeberin haben. Zahlt die Arbeitgeberin im oben genannten Fall dennoch, würde ein Entgeltersatzanspruch nach dem Epidemiegesetz jedoch ausscheiden.

Beispielhaft für viele Unklarheiten soll an dieser Stelle außerdem noch angeführt werden, dass bisher nicht geklärt ist, welche Fälle als „begründete Fälle“ iSd 4. COVID-19-MV gelten, wann somit die Anordnung strengerer, über die Verordnung hinausgehender Maßnahmen zulässig ist. Einige Unternehmen haben bereits angekündigt, im Einklang mit dem Impfpflichtgesetz auf 2G umzustellen. Ob eine derartige Einschränkung allein auf Basis der 4. COVID-19-MV möglich wäre, bleibt weiterhin umstritten.

Einerseits sieht die Verordnung im arbeitsrechtlichen Kontext nur gewisse Mindeststandards vor, von denen gem § 10 Abs 7 4. COVID-19-MV in begründeten Fällen dezidiert abgewichen werden kann. Betreffend die tatsächliche Ausgestaltung strengerer Maßnahmen sollte andererseits aber beachtet werden, dass dieselbe Verordnung sogar Mitarbeiter:innen in Krankenanstalten oder Alten- und Pflegeheimen lediglich mit einem PCR-Test Zutritt gewährt. Vor dem Hintergrund dieser Wertung sollte eine Einschränkung auf 2G jedenfalls gut überlegt und geprüft sein. Eine abschließende Beurteilung wird wohl erst durch höchstgerichtliche Entscheidungen erfolgen.

Der Status als Ungeimpfter wird in Zukunft aber wohl auch im Zusammenhang mit der Beendigung von Dienstverhältnissen eine Rolle spielen. Die Verweigerung der Impfung ist weder eine schützenswerte Weltanschauung (OGH 24.02.2009, 9 Ob A 122/07t), noch ist – etwa bei Verweigerung der Einhaltung der Maßnahmen – die Anfechtung der Kündigung wegen der offenbar nicht unberechtigten Geltendmachung von vom Arbeitgeber infrage gestellter Ansprüche vor dem Hintergrund der aktuellen Rechtsprechung des OGH erfolgversprechend (OGH 14.9.2021, 8 ObA 42/21s, „Testverweigerung eines Krankenpflegers“).

Insbesondere im Fall von Anfechtungen wegen Sozialwidrigkeit kann der Status als Ungeimpfe:r zumindest in bestimmten Positionen uU wohl auch als personenbezogener Kündigungsgrund angezogen werden. Jedenfalls ist das Impfpflichtgesetz uE aber zumindest subsidiär als Stütze für betriebsbedingte Gründe für die Kündigung denkbar. In Einzelfällen bzw in gewissen Positionen ist überdies uU sogar eine Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit oder – sollte die Arbeitgeberin iSd § 10 Abs 7 4. COVID-19-MV begründete (!), strengere Maßnahmen vorsehen – wegen beharrlicher Pflichtverletzung denkbar. Garantie für ein Obsiegen in allfälligen Verfahren gibt es aber in keinem der genannten Fälle. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Klarstellung können juristisch in solchen Konfliktfällen nur umfassende Interessenabwägungen das Problem lösen, die oftmals nur aufgrund kleiner Details zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass das Impfpflichtgesetz per se zwar keine unmittelbaren Regelungen für den Ort der beruflichen Tätigkeit enthält und somit am Arbeitsplatz grundsätzlich weiterhin die 3G Regelung gilt, allerdings hat die Impfpflicht sehr wohl mittelbar Auswirkungen auf den Arbeitsplatz, die bislang nicht ausreichend geklärt sind. Außerdem wurde im Zuge der Erarbeitung des Impfpflichtgesetzes verabsäumt, schon bestehende Unklarheiten aus dem Weg zu räumen und das Impfpflichtgesetz in Einklang mit den bereits bestehenden Rahmenbedingungen (insbesondere dem COVID-19-MG) zu bringen. Die Impfpflicht selbst wird durch die Maßnahmenverordnung(en), insbesondere durch die für Februar geplanten umfassenden Lockerungen zurück zu einer generellen 3G Regelung, vielmehr zusehends ausgehöhlt, ebenso wie die verfassungsrechtliche Grundlage, die hinter dem Impfpflichtgesetz steht.

All die geschilderten Probleme stellen Arbeitgeber:innen vor Herausforderungen und Probleme, die ganzheitliche und präzise Lösungen erfordern.

SOLLTEN SIE WEITERE FRAGEN HABEN, BERÄT SIE UNSER TEAM SELBSTVERSTÄNDLICH GERNE!

[1] Informationen zum Coronavirus (Covid-19) – Datenschutzbehörde (dsb.gv.at)

[2] FAQ: 3G-Regelung am Arbeitsort (bma.gv.at)

[3] FAQ: WKÖ-Informationen zum Coronavirus – WKO.at