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Dienstverhinderung wegen Unwetter?
Martha-Sophia Körbisser
Aug 18, 2023
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In Zeiten zunehmender Unwetterereignisse gewinnt die Frage nach ihren Auswirkungen auf die Arbeitswelt und deren rechtliche Implikationen zunehmend an Bedeutung. Die Verbindung zwischen aktuellen Unwettern, wie sie derzeit in Kärnten oder der Steiermark stattfinden, Arbeitsverpflichtungen und möglichen Verhinderungen im juristischen Kontext wirft Licht auf eine Thematik, die sowohl für Arbeitnehmer:innen als auch Arbeitgeber:innen von großer Relevanz ist.

In diesem Beitrag wird genauer betrachtet, wie Unwetter die Arbeitsleistung beeinflussen können und welche rechtlichen Aspekte dabei zu beachten sind.

Was mache ich als Arbeitnehmer:in, wenn ich aufgrund von Unwetter nicht meine Arbeitsstätte erreichen kann?

Wer aufgrund von Naturereignissen wie heftigen Unwettern, Überflutungen und Murenabgängen nicht oder nicht pünktlich zur Arbeit kommen kann, braucht keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen fürchten. Es handelt sich um einen Verhinderungsgrund, der das Fernbleiben rechtfertigt, jedoch sollte als Arbeitnehmer:in alles „Zumutbare“ unternommen werden, um zur Arbeit zu kommen. Was nun aber „alles Zumutbare“ bedeutet, hängt immer von der konkreten Situation ab und ist eine Einzelfallbeurteilung. Wenn der Wetterbericht am Vorabend starken Schneefall oder Regenfälle vorhersagt, muss der oder die Arbeitnehmer:in früher als sonst von zu Hause losfahren. Ist ein Wetterchaos abzusehen, sollte versucht werden, auf ein anderes Verkehrsmittelumzusteigen.

Wichtig ist jedoch, dass der oder die Arbeitnehmende nicht einfach daheimbleibt - das ist nicht akzeptabel. Es muss immer dem oder der Arbeitgeber:in Bescheid gegeben werden, dass man zu spät oder gar nicht kommen wird. Für das Fernbleiben muss kein Urlaub oder Zeitausgleich genommen werden.

Bekomme ich trotzdem mein Entgelt, wenn ich aufgrund von Unwettern nicht erscheinen kann?

Die gesetzliche Entgeltfortzahlung ist in §1155 ABGB geregelt. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen, haben Arbeitnehmer:innen in der Regel Anspruch auf ihr Gehalt, auch wenn der Betrieb aufgrund von höherer Gewalt, wie beispielsweise Naturkatastrophen, geschlossen ist. Allerdings gibt es hier einige Ausnahmen und Bedingungen zu beachten:

Für die prinzipielle Anwendbarkeit des §1155 ABGB ist die Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmenden ausschlaggebend. Ist er nicht fähig, nicht willens oder nicht ernstlich bereit, seine Dienstpflicht zu erfüllen, so kommt diese Bestimmung nicht in Betracht. § 1155 ABGB regelt somit eine weitere Ausnahme vom Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ - das dem oder der Arbeitgeber:in auferlegte Entgeltrisiko ist Teil des von ihm bzw ihr und nicht von Arbeitnehmer:innen zu tragenden Unternehmerrisikos. Es ist allein entscheidend, ob der oder die Arbeitnehmer:in zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seiten des Arbeitgebenden liegen, daran verhindert worden ist. Ob den oder der Arbeitgeber:in dabei ein Verschulden trifft, ist irrelevant.

Gemäß Rechtsprechung fallen eindeutig in die Sphäre des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin Zufälle und Phänomene der sogenannten „höheren Gewalt“, wenn das Risiko für die Branche bzw den konkreten Betrieb typisch war. Das sind all jene Ereignisse, die nicht aufseiten einer bestimmten Vertragspartei zu verorten sind und beide gleichermaßen treffen.

Handelt es sich um ein Elementarereignis, das eine große Zahl von Arbeitnehmer:innen von einem umfassenden (also nicht lokalbegrenzten) Ereignis betrifft, also Umweltkatastrophen, die alle oder überwiegende Teile eines Bundeslandes betreffen, entfällt grundsätzlich die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebenden.

Ist jedoch nur eine beschränkte Anzahl von Arbeitnehmer:innen daran gehindert am Arbeitsort zu erscheinen, fällt dieses Ereignis nicht in die sogenannte neutrale Sphäre und die Entgeltfortzahlungspflicht des bzw der Arbeitgebenden bleibt bestehen. Jedoch darf kein Verschulden des Arbeitnehmers oder der Arbeitnehmerin vorliegen, das vermieden werden könnte, indem alles Zumutbare unternommen wird.

 

Ich darf aufgrund eines Zivilschutzalarms mein Haus nicht verlassen. Ist das in Ordnung?

Bei Ausrufung eines Zivilschutzalarms muss man selbstverständlich nicht am Arbeitsort erscheinen. Sobald der Alarm jedoch wieder aufgehoben ist und der Arbeitsweg frei und ungefährlich ist, muss der oder die Arbeitnehmer:in wieder am Arbeitsort erscheinen.

Bei einem Zivilschutzalarm ist die Bevölkerung verpflichtet, alles zu tun, wozu sie aufgerufen wird; beispielsweise Räumen der Tiefgaragen, Ausräumen der Kellerbereiche, etc.. Es liegt also weiterhin ein Dienstverhinderungsgrund vor, wenn beispielsweise der Keller ausgepumpt werden muss.

Ich arbeite bei der Freiwilligen Feuerwehr. Darf ich von der Arbeit fernbleiben und helfen?

Seit 1. September 2019 gibt es speziell für Mitglieder einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes odereiner Freiwilligen Feuerwehr bei einem Großschadenereignis einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung.

Eine formelle Voraussetzung gilt es jedoch zu beachten: Das Ausmaß und die Lage der Dienstfreistellung ist mit dem oder der Arbeitgeber:in zu vereinbaren. Ansonsten besteht kein Entgeltfortzahlungsanspruch, selbst wenn die objektiven Merkmale des § 8 abs 3aAngG erfüllt sind.

Als Ausgleich für ihren Aufwand erhalten Arbeitgeber:innen aus dem Katastrophenfond für die gewährte Entgeltfortzahlung eine Prämie. Dafür werden den Ländern im Katastrophenfondsgesetz Fondmittel iHv „pauschal € 200,- pro im Einsatz befindlichen Dienstnehmenden und Tag“ bereitgestellt.