Der Fortschritt der Technologie macht sich auch in der Arbeitswelt bemerkbar. So setzen immer mehr Arbeitgeber:innen auf technologische Innovationen, um Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten und die Produktivität im Unternehmen zu steigern. Doch was auf den ersten Blick als vielversprechend erscheint, kann sich schnell zu einer rechtlichen Stolperfalle entwickeln.
So entschied vor Kurzem die Datenschutzbehörde (19.10.2022, GZ: 2022-0.360.359), dass die Verarbeitung biometrischer Daten mittels Handvenenscanner und die Videoüberwachung am Arbeitsplatz rechtswidrig sind.
Konkret wurde in einem Wiener Gastronomielokal ein Handvenenscanner eingesetzt, welches mit Infrarotlicht das Handvenenmuster von Mitarbeiter:innen gemessen hat. Dies gewährte den betroffenen Personen Einsicht in ihre arbeitsvertraglichen Dokumente und ermöglichte es ihnen, ihre monatlichen Arbeitszeitaufzeichnungen zu kontrollieren und zu bestätigen. Zudem wurden im Unternehmen 29 Überwachungskameras installiert, welche u.a. der Verhinderung von Diebstählen und Beschädigungen dienen sollten. Zwei Kameras nahmen auch Teile der Küche auf, in welcher der Beschwerdeführer tätig war.
Gem Art 9 Abs 2 DSGVO ist die Verarbeitung biometrischer Daten nur unter gewissen Voraussetzungen gestattet, bspw dann, wenn die betroffene Person eine ausdrückliche Einwilligung abgibt. Was unter biometrischen Daten zu verstehen ist, ergibt sich aus Art 4 Z 14 DSGVO. Darunter fallen etwa Fingerabdrücke, Handvenen, Zahnabdrücke, Netzhautscans, usw.
Damit die Einwilligung wirksam ist, muss sie zudem freiwillig erfolgen und darf nicht an die Erfüllung eines Vertrages gekoppelt sein, wenn dies zur Erfüllung dieses Vertrages nicht erforderlich ist (Koppelungsverbot). Eine Einwilligung ist laut ErwGr. 43 der DSGVO insbesondere dann nicht freiwillig, wenn ein klares Ungleichgewicht zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht. Arbeitgeber:innen sollten daher aufgrund des bestehenden wirtschaftlichen Ungleichgewichts im Arbeitsverhältnis nicht automatisch auf die Freiwilligkeit der eingeholten Zustimmung vertrauen. Betroffene Personen dürfen ferner wegen des Verweigerns oder des Widerrufs der Einwilligung mit keinen negativen Konsequenzen rechnen müssen.
Um all dem vorzubeugen, sollten Arbeitgeber:innen deshalb nachweisen können, dass Arbeitnehmer:innen eine echte Wahl hatten, ob sie einwilligen oder nicht. Dies kann etwa dadurch erfolgen, dass man ihnen eine gleichwertige Alternative anbietet (zB die Verwendung von Passwörtern oder Karten statt eines Handvenenscanners).
Wenig überraschend war vor diesem Hintergrund die Beurteilung der Datenschutzbehörde, dass aufgrund der mangelnden Freiwilligkeit eine nicht rechtskonform erteilte Einwilligung vorliegt. Denn im gegenständlichen Fall wurde bereits im Arbeitsvertrag festgelegt, dass der Beschwerdeführer für die Zeit des Arbeitsverhältnisses der Einführung und Verwendung eines auf biometrischem Handflächenscanning beruhenden Systems ausdrücklich zustimmt.
Gem § 12 Abs 4 Z 2 DSG sindBildaufnahmen zum Zwecke der Kontrolle von Arbeitnehmer:innen unzulässig.Gemeint ist damit eine permanente Überwachung der Arbeitsplätze.
Anders sieht es aus, wenn im Unternehmen etwa aus sicherheitsrechtlichen Überlegungen (wie dem Schutz vor Diebstählen) Videokameras angebracht werden und diese auch Arbeitnehmer:innen erfassen können. In diesem Fall ist eine Güterabwägung vorzunehmen, um zu prüfen, ob der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer:innen durch die Wahrnehmung überwiegender schutzwürdiger Interessen des/der Arbeitgeber:in gerechtfertigt ist.
Die Datenschutzbehörde kam im vorliegenden Fall zum Ergebnis, dass die Geheimhaltungsinteressen des Beschwerdeführers gegenüber den Interessen des Lokals an der Aufklärung und Verhinderung von Diebstählen und Einbrüchen überwiegen. Es war außerdem nicht erkennbar, weshalb gerade die Küchenarbeitsbereiche von Videokameras erfasst werden müssen.
Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle außerdem noch die potentielle Notwendigkeit einer Betriebsvereinbarung erwähnt werden: Werden im Unternehmen Videokameras eingerichtet, die primär dem Schutz des Eigentums dienen, muss gem § 96a Abs 1Z 1 ArbVG eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, wenn durch diese Kameras auch Bilddaten von Arbeitnehmer:innen erfasst werden können. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Videoüberwachung objektiv geeignet ist, automationsunterstützt personenbezogene Daten von Arbeitnehmer:innen zu ermitteln bzw zu verarbeiten (zB bei der Überwachung der Ein- und Ausgänge).Eine solche Vereinbarung kann auch durch die Entscheidung einer Schlichtungsstelle ersetzt werden. Überdies kann eine Videoüberwachung im Einzelfall jedenfalls auch die Voraussetzungen einer die Menschenwürde berührenden Kontrollmaßnahme und somit einer Betriebsvereinbarung iSd§ 96 Abs 1 Z 3 ArbVG erfüllen (zB bei dauernder Überwachung der einzelnen Arbeitsplätze). Eine Prüfung des Sachverhalts auch auf betriebsverfassungsrechtlicher Ebene ist daher unerlässlich.
Sollten Sie datenschutz- oder arbeitsrechtliche Fragen haben oder Unterstützung im Zusammenhang mit der Implementierung von Datenschutzvorgaben in Ihrem Unternehmen benötigen, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!
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