Mit der Whistleblowing-Richtlinie soll ein unionsweiter und einheitlicher Mindeststandard für den Schutz von Hinweisgeber:innen garantiert werden. Konkret werden damit Hinweisgeber:innen vor Vergeltungsmaßnahmen geschützt, wenn diese im Zusammenhang mit ihrer Arbeit Verstöße / Missstände melden. Die EU-Richtlinie 2019/1937, auch bekannt als „EU-Whistleblower-Richtlinie“, hätte bereits mit 17. Dezember 2021 von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt werden müssen.
Mit einer mehr als einjährigen Verzögerung hat der Nationalrat nun am 1. Februar 2023 das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) beschlossen. Im nächsten Schritt folgt die Befassung durch den Bundesrat.
Das HSchG schützt natürliche Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Verbindung zu einem Rechtsträger Informationen über bestimmte Rechtsverletzungen erlangt haben und diese melden. Darunter fallen unter anderem Arbeitnehmer:innen aber auch Bewerber:innen, Leitungs- und Aufsichtsorgane, Lieferant:innen und andere Personen aus dem Umkreis der Hinweisgeber:innen.
Darüber hinaus werden auch Personen geschützt, welche die Hinweisgeber:innen unterstützen oder lediglich von den nachteiligen Folgen der Hinweisgebung betroffen sein könnten. Das Gesetz untersagt die zivil-, straf-oder verwaltungsrechtliche Haftung von Hinweisgeber:innen und verbietet arbeitsrechtliche Folgen und Repressalien wie Kündigung, Herabstufung/Versagung von Beförderung, Änderung des Arbeitsorts/Arbeitszeit/Tätigkeitsbereich etc. Nicht geschützt sind Hinweisgeber:innen bei der wissentlichen Abgabe von Falschmeldungen.
Der Schutz für Hinweisgeber:innen gilt nur bei Hinweisen, die sich auf Rechtsverletzungen in Lebensbereichen von besonderem öffentlichen Interesse beziehen. Der Entwurf bezieht sich unter anderem auf die Hinweisgebung zu Verstößen in folgenden Bereichen: öffentliches Auftragswesen, Produkt- und Verkehrssicherheit, Umweltschutz, öffentliche Gesundheit und Verbraucherschutz. Das HSchG deckt sich insofern mit der Richtlinie, geht aber über deren Geltungsbereich hinaus, als dieses auch Hinweisgebungen zu bestimmten Straftaten (§§ 302 bis 309 StGB) –Korruptionstatbestände – mit umfasst.
Vom Geltungsbereich des HSchG nicht erfasst sind unter anderem Meldungen betreffend Mobbing, Arbeitszeitüberschreitungen oder zu sexuellen Belästigungen. Der Fokus der Richtlinie und des HSchG liegt (eben) nicht bei arbeitsrechtlichen Verstößen.
Das HSchG verpflichtet Unternehmen, die interne Hinweisgebung so zu gestalten, dass Hinweisgeber:innen vorzugsweise auf eine interne Stelle zurückgreifen. Die in den Unternehmen eingerichteten Hinweisgebersysteme sollen die Möglichkeit bieten, Hinweise an diese zu richten. Als Meldekanäle kommen mehrere Möglichkeiten in Betracht: So etwa Meldungen mittels webbasierter Plattform, mittels E-Mail-Postfach oder durch telefonische oder persönliche Meldungen.
Die webbasierte Ausgestaltung kann konkret so aussehen, dass der oder die Hinweisgeber:in eine Kategorie wählt und sodann die Details des Vorfalles beschreibt. Die Betreuung des Systems muss von einer unparteiischen Abteilung/Person erfolgen. Dabei kommen Abteilungen wie die interne Revision, die Rechtsabteilung oder die Compliance-Abteilung in Betracht.
Subsidiär zur internen Meldung soll auch eine externe Meldung von Hinweisen möglich sein. Dabei sind abhängig von der konkreten Rechtsverletzung verschiedene Stellen zuständig. Zu den externen Meldestellen zählen neben dem Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung unter anderem auch die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), die Geldwäschemeldestelle, die Abschlussprüferaufsichtsbehörde oder die Hinweisgebersysteme der Bundeswettbewerbsbehörde und der Bilanzbuchhaltungsbehörde. Sofern ein Hinweis keiner bestimmten Einzelzuständigkeit zuzuordnen ist, ist das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung für sämtliche Hinweise auf Rechtsverletzungen zuständig.
Das HSchG sieht Verwaltungsstrafen bis zu 20.000 EUR und im Wiederholungsfall bis zu 40.000 EUR vor, wenn
· Hinweisgeber:innen bei der Hinweisgebung behindert oder unter Druck gesetzt,
· unzulässige Vergeltungsmaßnahmen gesetzt werden,
· die Vertraulichkeit der Hinweisgeber:innen verletzt wird oder
· (gegenüber) Hinweisgeber:innen wissentlich einen falschen Hinweis geben.
Die Nichteinrichtung von internen Meldesystemen wird demnach verwaltungsstrafrechtlich nicht sanktioniert. Jedoch kommt im Falle fehlender interner Meldesysteme nur eine externe Meldung in Betracht und kann insofern (durch die entstehende Öffentlichkeit) für das Unternehmen nachteilig sein.
Das Gesetz tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Die internen Meldestellen sind in Unternehmen und juristischen Personen des öffentlichen Rechts mit 250 oder mehr Beschäftigten innerhalb von sechs Monaten ab Inkrafttreten einzurichten. Bei einer geringeren Beschäftigtenanzahl gilt eine längere Umsetzungsfrist, nämlich bis zum 17. Dezember 2023.
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