Künstliche Intelligenz (KI) ist an sich kein neues Konzept mehr, dennoch ist dieser Begriff derzeit in aller Munde. Insbesondere die zunehmende Verbreitung und die ständige Weiterentwicklung von KI-Systemen führen zu einer raschen Veränderung der Arbeitswelt. Angefangen von Chatbots bis hin zu intelligenten Robotern hat KI das Potenzial, die Arbeit der Menschen zu erleichtern und eine Steigerung der Effizienz zu ermöglichen.
Doch der Aufstieg von KI bringt auch Verunsicherung mit sich. Vor allem der Einsatz von ChatGPT, ein von OpenAI entwickeltes Sprachmodell, wirft derzeit zahlreiche Fragen auf. Diese werden im folgenden Beitrag beantwortet.
Es gibt keine weltweit einheitliche Definition von Künstlicher Intelligenz. Im Grundsatz versteht man aber darunter die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Intelligenz zu simulieren. Derzeit wird auf europäischer Ebene versucht, eine entsprechende Verordnung zu erlassen, die neben einer Definition auch einen rechtlichen Rahmen für die Nutzung von KI-Systemen schaffen soll.
Auch ChatGPT basiert auf Künstlicher Intelligenz. Dieser wurde vom US-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt und zählt mittlerweile zu den beliebtesten Chatbots auf der Welt. Auf Grundlage von Texteingaben kann ChatGPT innerhalb von Sekunden menschenähnliche Antworten generieren und sogar komplexe Fragen beantworten. Um dies zu erreichen, wurde er im Rahmen der Entwicklungsphase mit großen Mengen an Daten versorgt.
Die neueste Version von ChatGPT (GPT-4) soll präzisere Antworten liefern als sein Vorgänger und sogar Bildeingaben verarbeiten können. Diese Version kann derzeit nur kostenpflichtig im Rahmen von ChatGPT Plus verwendet werden.
Die Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT sind vielfältig. Durch die große Datenmenge kann der Chatbot etwa zu Recherchezwecken oder zum Verfassen von Texten verwendet werden (bspw für ein Stelleninserat, ein Absageschreiben oder einen Arbeitsvertrag). Besonders beliebt ist GPT-4 auch beim Programmieren. Wie ein OpenAI-Mitgründer gezeigt hat, kann die neue Version von ChatGPT anhand einer Skizze sogar beider Erstellung einer Website helfen.
Da Arbeitsverträge den Aufgabenbereich von Arbeitnehmer:innen nur abstrakt beschreiben, spielen Weisungen zur Konkretisierung dieser Aufgaben eine große Rolle. Zu diesem Weisungsrecht gehört auch die Möglichkeit, die Nutzung einer Software wie ChatGPT anzuordnen oder zu untersagen.
Sofern ein entsprechendes Verbot aber nicht ausgesprochen wurde, ist es den Arbeitnehmer:innen grundsätzlich erlaubt, ChatGPT bei der Erledigung ihrer Aufgaben zu verwenden. Dem steht derzeit auch nicht die Tatsache entgegen, dass die Arbeit höchstpersönlich zu erbringen ist. ChatGPT besitzt nämlich keine Rechtspersönlichkeit, sondern gilt lediglich als technisches Hilfsmittel zur Erbringung der Arbeitsleistung.
Verwenden Arbeitnehmer:innen ChatGPT, obwohl dies ausdrücklich untersagt wurde, stellt das eine Pflichtenvernachlässigung dar. Eine solche kann von einer Abmahnung bis hin zu einer Kündigung führen und – im Wiederholungsfall – sogar zu einer Entlassung. Entsteht dem/der Arbeitgeber:in ein Schaden, bspw durch Verrat von Geschäftsgeheimnissen, kann es unter Umständen auch ohne vorherige Ermahnung zu einer Entlassung kommen.
Arbeitnehmer:innen trifft gegenüber ihren Arbeitgeber:innen eine nicht ausdrücklich gesetzlich geregelte Treupflicht. Diese verpflichtet sie dazu, auf betriebliche Interessen Rücksicht zu nehmen und alles zu unterlassen, was den unternehmerischen Tätigkeitsbereich, dessen Organisationswert und dessen Chancen beeinträchtigt.
Auch wenn es sich hierbei in erster Linie um Unterlassungspflichten handelt, sind Arbeitnehmer:innen dennoch unter Umständen zu einem positiven Tun – bspw zu einer Offenlegungspflicht -verhalten. Das trifft bei der Nutzung von ChatGPT insbesondere dann zu, wenn für Arbeitgeber:innen Haftungsprobleme entstehen können, etwa im Bereich des Datenschutzrechts oder Urheberrechts.
Weder der Betriebsrat noch die Beschäftigten haben nach derzeitigem Stand ein Zustimmungsrecht bei der Einführung von ChatGPT.
Die Nutzung von ChatGPT fällt insbesondere nicht unter den allgemeinen Ordnungsvorschriften iSd § 97 Abs 1 Z 1 ArbVG, dasich solche Betriebsvereinbarungen nicht auf die inhaltliche Gestaltung der Arbeitspflicht beziehen, sondern bloß auf das sonstige Verhalten von Arbeitnehmer:innen im Betrieb.
Ein Zustimmungsrecht würde jedoch dann bestehen, wenn ChatGPT zur Überwachung der Arbeitnehmer:innen eingesetzt werden könnte und dies die Menschenwürde berühren würde. Hierzu reicht es nach der Rechtsprechung bereits, wenn eine Software objektiv zur Überwachung geeignet wäre. Davon ist derzeit noch nicht auszugehen, da Arbeitgeber:innen keinen Zugriff auf die Nutzungsdaten der individuellen Konten haben.
Soll ChatGPT bei personellen Entscheidungen mitwirken, kann das in einem Spannungsverhältnis zu Art 22 DSGVO stehen. Dieser sieht vor, dass Personen nicht einer ausschließlich automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidung unterworfen werden dürfen, die ihnen gegenüber rechtliche Wirkung entfaltet oder sie sonst in ähnlicher Weise erheblich beeinträchtigt. Solche Entscheidungen sind in einem arbeitsrechtlichen Kontext bspw Einstellungen, Abmahnungen oder Kündigungen. In all diesen Fällen ist es notwendig, dass eine menschliche Kontrollinstanz dazwischentritt, die auch über entsprechende Befugnisse verfügt und nicht lediglich eine „symbolische“ Nachprüfung unternimmt. Möglich ist es daher, dass ChatGPT bloß Empfehlungen abgibt, die Letztentscheidung aber von einem Menschen getroffen wird.
Ein weiteres Problem bei personellen Entscheidungen kann auch „coded bias“ darstellen, also die Bevorzugung bestimmter Personengruppen aus unsachlichen Motiven. Solche bias können sich aufgrund der riesigen Datenmenge unbemerkt bei der Entwicklung des Chatbots einschleichen und können im weiteren Verlauf zu diskriminierenden Outputs führen.
Unbeachtet dessen sollten auch keine geschützten Merkmale im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes (zB Geschlecht, Alter, sexuelle Orientierung) bei der Nutzung von ChatGPT erwähnt werden, um eine möglichst diskriminierungsfreie Antwort bekommen zu können.
Wie bei jedem Chatbot ist auch hier Vorsicht geboten. ChatGPT kann oft nicht zwischen Fakt und Fiktion unterscheiden und kann daher auch Fehlinformationen bzw. unzuverlässige Antworten liefern. Zudem sind die Datensätze nicht auf dem neuesten Stand. Die Angaben sollten deswegen nicht unüberprüft übernommen werden. Weiters ist zu beachten, dass die Antworten von ChatGPT nur so gut sein können, wie die Fragen selbst. Eine Aufforderung sollte daher möglichst präzise formuliert werden und alle Informationen enthalten, die ChatGPT zur Beantwortung der Frage benötigt.
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